Donnerstag, 19. Mai 2011

Bottom of the ocean - Teil 1

Emmas Sicht:

Das Wasser umspülte meinen Körper. Es umhüllte mich wie ein nasser Wintermantel. Ließ mich nicht mehr entkommen. Und ehrlich gesagt, ich wollte es auch nicht. Mein ganzes Leben lang wurde ich nur hin und hergerissen zwischen Tod und Trauer. Nun hatte ich genug! Ich hatte meine Eltern verloren, meine Geschwister und ich war daran schuld! Meine ganze Familie ging zu Bruch nur wegen mir. Ich wurde von Waisenhaus zu Waisenhaus gesteckt, niemand wollte mich, denn ich bin schon zu alt. Zu alt. Wenn ich das nur höre. Viele Menschen haben nur dieses Leben als Kind. Dann sind sie auf sich alleine gestellt. So wie ich. Ich war mein ganzes Leben nur allein, ich war schon immer ein Einzelgänger gewesen. Und wahrscheinlich bezeichnen mich die anderen deshalb als 'seltsam'. Welcher Mensch ist nicht seltsam, der seine Familie verloren hat?
Nun hielt ich nicht mehr den Atem an. Das Wasser drang in Mund und Nase, es kontrollierte mich. Ich lächelte. Das erste Mal in meinem Leben lächelte ich. Und das war ein erleichtertes Lächeln. Endlich weg von hier! Einfach weg!

Nicks Sicht:

Ich schwamm gerade auf meinem Surfbrett nach draußen, als ich etwas im Wasser sah. Zuerst dachte ich, es wäre ein Hai, aber kein Hai würde weiter so unkontrolliert in die Tiefe sinken. Als Luftblasen an die Wasseroberfläche drangen, wusste ich, es war ein Mensch! Sofort tauchte ich ins kühle Wasser tiefer und tiefer.Der Körper war der eines Mädchens! Es hatte ein Hochzeitskleid an. Sag mal hat sie kalte Füße gekriegt oder wieso schwamm sie bewusstlos im Hochzeitskleid im Meer herum? Egal! Ich musste sie so schnell wie möglich an die Luft holen, sonst war es zu spät! Mir wurde so langsam die Luft knapp und der Druck auf meinen Ohren wurde immer stärker. Der letzte Zug und ich erfasste ihren Arm. Schnell zog ich sie an mich und stieß mich an die Oberfläche. So, sie war wieder da. Oder? Sie atmete nicht und fiel mir nicht um den Hals vor Glück. Sie lag bewusstlos in meinen Armen. Oder war sie schon tot? Quatsch! Kein Mädchen starb so lange Nick Johnson in der Nähe war! Also legte ich sie behutsam auf mein Surfbrett und paddelte so schnell wie möglich zum Strand zurück. Angekommen, rief ich einem Mann zu, er solle einen Krankenwagen rufen, das tat er, während ich Wiederbelebungsversuche startete. Da auf die Brust drücken nichts half, versuchte ich es mit Mund zu Mund Beatmung. Wow ihre Lippen waren echt weich. Und ihre Haut so zart und zerbrechlich. Und das Hochzeitskleid passte perfekt zu ihrem Hautton. WAAAS? Nick, bist du etwa schwul oder krank? Meine Güte du versuchst hier ein Leben zu retten und du denkst an Hauttöne! Bekloppter geht's einfach nicht mehr!
Ich blies mein Atem in ihre Lunge, darauf bedacht, dass die Wege zur Lunge frei waren, damit ich sie nicht umbrachte!
"Der Krankenwagen kommt gleich! Kann irgendwie helfen?", fragte der Mann, der gerade den Krankenwagen gerufen hat. "Ja, hol ein Handtuch und wickele sie darin ein, damit sie nicht erfriert!", rief ich und blies wieder Luft in ihre Lunge. Komm schon, du musst das schaffen! Bitte! Ich darf als Zivi in einem Krankenhaus einfach nicht versagen! Oh man ich war echt egoistisch! Anstatt an das Leben des Mädchens zu denken, dachte ich an meine Zivistelle! Ich Idiot! Doch was war das? Das Mädchen begann, mir die Luft auszusaugen (übertrieben!). Ich hörte auf sie wiederzubeleben und guckte sie schief an, patschte ihr an der Backe und rief:"Hallo? Kannst du mich hören? Hallo? Kannst du mich hören?" Ich wusste nicht, wie lange ich diese Sätze wiederholte, bis sie die Augen öffnete und mich erbost ansah.
"Geht es dir gut?", fragte ich. Sie hustete:" Du bist ein ... Vollidiot!" Dann spuckte sie Wasser aus , legte sich auf die Seite und hustet wieder. Sanft streichelte ich ihren rechten Arm, doch sie zuckte zusammen. Dann kam der Typ mit dem Handtuch und ich legte es ihr um. " Ist alles okay? Der Krankenwagen kommt gleich, keine Sorge", redete ich auf sie ein. Aber anstatt zu antworten, weinte sie und schluchzte:" Du hast mein Leben ruiniert! Ich ... hasse dich!"



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